Wer in Hamburg lebt oder zu Besuch ist und sich für anspruchsvolles Kino interessiert, kommt am Abaton nicht vorbei. Seit über 50 Jahren ist das Kino Abaton eine feste Größe im kulturellen Leben der Stadt – ein Ort für Filmkunst, gesellschaftlichen Diskurs und studentisches Leben. Im folgenden Beitrag werfen wir einen Blick auf die bewegte Geschichte des Kinos, seine Bedeutung in der heutigen Zeit und seine besondere Lage im traditionsreichen Grindelviertel, direkt neben der Universität Hamburg.
Die Geschichte des Abaton: Pionier des Programmkinos
Das Abaton Kino wurde im Oktober 1970 eröffnet und war eines der ersten Programmkinos in Deutschland. Die Gründer – Werner Grassmann und Winfried Fedder – hatten die Vision, ein Kino zu schaffen, das sich bewusst vom Mainstream-Kino abhob. Statt Blockbustern zeigten sie gesellschaftlich relevante Filme, politisches Kino, Dokumentationen, internationale Arthouse-Produktionen und Werke junger Regisseur:innen.
Der Name „Abaton“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet sinngemäß „unbetretbarer Ort“ – ein Begriff aus der antiken Tempelkultur. Doch das Kino war alles andere als unbetretbar: Es wurde schnell zum Treffpunkt für Studierende, Kulturschaffende und politisch Interessierte. Besonders in den 1970er- und 1980er-Jahren war das Abaton ein Ort des Diskurses, der Aufklärung und des gesellschaftlichen Wandels.




Wandel und Kontinuität: Das Abaton heute
Auch über fünf Jahrzehnte nach seiner Gründung bleibt das Abaton seiner Linie treu – und hat sich gleichzeitig weiterentwickelt. Heute verfügt das Kino über drei Säle mit insgesamt über 400 Sitzplätzen. Gezeigt werden internationale Filme im Originalton, deutsche Produktionen, Dokumentarfilme, Premieren, Filmreihen und Sonderveranstaltungen mit Gästen aus Film und Wissenschaft.
Ein besonderes Merkmal des Abaton-Kinos ist die Nähe zum Publikum: Nach vielen Vorstellungen finden Filmgespräche, Panels oder Diskussionen statt – häufig mit den Filmschaffenden selbst. Damit hebt sich das Abaton von vielen anderen Kinos in Hamburg ab und bleibt ein Ort des Austauschs.
Während viele unabhängige Kinos in den letzten Jahren schließen mussten, konnte sich das Abaton behaupten – auch dank seines treuen Publikums und des Engagements des Betreiberteams. Unterstützt wird das Kino regelmäßig durch Filmförderungen und kulturelle Initiativen der Stadt Hamburg.
Das Abaton während der Corona-Zeit
Wie viele Kulturinstitutionen hatte auch das Abaton während der Corona-Pandemie mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Lockdowns, Hygienekonzepte und Zuschauerrückgänge stellten das Kino vor existenzielle Fragen. Doch das Team nutzte die Zeit kreativ: Es wurden Online-Filmgespräche organisiert, Streaming-Kooperationen eingegangen und technische Modernisierungen vorgenommen.
Seit der Wiedereröffnung hat sich das Publikum langsam, aber stetig zurück ins Kino bewegt. Besonders Filmfreunde aus dem Uni-Viertel und dem Grindelviertel kommen wieder regelmäßig ins Abaton – oft auch, um bewusst das Erlebnis „Kino“ zu unterstützen.
Das dazugehörige Bistro bietet Speisen und Getränke an. Bei gutem Wetter kann man sehr gut draußen sitzen und das Flair genießen. Der Grindelhof ist urban und hat eine ganz besondere Atmosphäre.
Veranstaltungen, Premieren und Festivals
Das Abaton ist regelmäßig Austragungsort für Filmfestivals wie das „Hamburger Dokumentarfilmfestival“ oder das „Queer Film Festival“. Auch Premieren unabhängiger Produktionen und Debüts finden hier ein Zuhause. Besonders beliebt sind die englischsprachigen Originalfassungen internationaler Filme, die ein breites, oft akademisch geprägtes Publikum anziehen.
Zudem bietet das Kino Filmreihen zu aktuellen gesellschaftlichen Themen – etwa zu Klima, Migration, Demokratie oder Medienkritik. Damit bleibt das Abaton ein relevanter Ort für Bildung, Aufklärung und Dialog.
Das Uni-Viertel: Ein lebendiger Ort des Lernens und Denkens
Direkt am Abaton liegt das Uni-Viertel – das Herzstück der Universität Hamburg. Hier begegnen sich täglich tausende Studierende, Dozierende, Forschende und Interessierte. Das Viertel ist geprägt von Cafés, Buchläden, Bibliotheken, Copyshops und kleinen Imbissen – ein Mikrokosmos des studentischen Lebens.

Die Nähe zur Universität macht das Abaton-Kino zu einem beliebten Treffpunkt für Studierende und Lehrende. Viele Fachbereiche nutzen das Kino für Sonderveranstaltungen, Filmseminare oder als Ort für Diskussionen außerhalb des Seminarraums. Die Verbindung zwischen Kino und Universität ist in Hamburg einzigartig und macht das Abaton zu einem kulturellen Leuchtturm im Hochschulbereich.
Das Grindelviertel: Historisches Herz der jüdischen Gemeinde
Das Grindelviertel, in dem sich das Abaton befindet, gehört zu den geschichtsträchtigsten Gegenden Hamburgs. Einst war es das Zentrum der jüdischen Gemeinde in Hamburg. Bis zur Shoah prägten Synagogen, jüdische Schulen, Buchhandlungen, Cafés und soziale Einrichtungen das Viertel.
Nach der Zerstörung durch die Nationalsozialisten blieb die Erinnerung an diese Vergangenheit lange Zeit im Verborgenen. In den letzten Jahrzehnten jedoch wurde das Grindelviertel als Ort der Erinnerung wieder sichtbar gemacht: durch Stolpersteine, Ausstellungen, Gedenktafeln und die Wiedereröffnung der Talmud-Tora-Schule. Auch die heutige Joseph-Carlebach-Schule und das Bornplatzsynagogen-Projekt halten die Geschichte lebendig.
Für das Abaton als Kulturort ergibt sich aus dieser Lage eine besondere Verantwortung: Es versteht sich nicht nur als Kino, sondern auch als ein Ort, der historische und gesellschaftliche Themen in den öffentlichen Diskurs bringt.
Kino Abaton: Mehr als nur ein Kino
Was das Kino Abaton so besonders macht, ist seine konsequente Haltung: Hier wird Film nicht als Ware, sondern als kulturelles Gut verstanden. Die Programmauswahl ist sorgfältig kuratiert, das Publikum wird ernst genommen, und die gesellschaftliche Verantwortung steht im Mittelpunkt. In einer Zeit, in der das Kinoerlebnis zunehmend von Streaming-Angeboten verdrängt wird, setzt das Abaton ein starkes Zeichen für den Wert des gemeinsamen Sehens und Diskutierens.
Dabei bleibt das Kino auch nach über 50 Jahren ein Ort des Wandels. Neue Themen, neue Formate, neue Zielgruppen – all das wird im Abaton nicht als Bedrohung, sondern als Chance gesehen.
Fazit: Ein Ort mit Seele
Wer Hamburg wirklich erleben will, sollte einen Besuch im Kino Abaton fest einplanen. Ob politisches Kino, internationale Festivalfilme oder Gespräche mit Filmschaffenden – das Abaton ist mehr als nur ein Programmkino. Es ist ein Stück gelebte Hamburger Geschichte, eingebettet in das intellektuelle Leben des Uni-Viertels und die bewegte Vergangenheit des Grindelviertels.
Das Abaton steht exemplarisch für ein Kino mit Haltung, Geschichte und Zukunft. Und genau das macht es so besonders. Hier könnt ihr online Eure Tickets buchen.
Kurz und Knapp: Kino Abaton
Für wen? Für alle Cineasten und Kino Liebhaber
Wo: Im Grindelviertel, direkt an der Uni Hamburg, Allende-Platz 3, 20146 Hamburg
Anreise? U1 bis Hallerstrasse, S-Bahn bis Dammtor, Bus Linie 4 oder 5 (jeweils mit kurzem Fußweg)
Unbedingt ansehen! Die Wandbilder von Werner Nöfer
Soviel Zeit muss sein! So lange wie Dein Kinofilme läuft
Tipp! Vorher etwas im alten Grindelviertel Essen gehen